Aktuelle Forschungsvorhaben
Neue Beschäftigungsformen in der digitalen Wirtschaft
Die Digitalisierung der Wirtschaft verstärkt bestehende Entwicklungen, lässt aber auch neue Beschäftigungsformen in der On-Demand-Economy entstehen. Plattformbasiertes Arbeiten gehört dabei zu den Phänomenen, deren Beschäftigungsformen sozial- und wirtschaftswissenschaftlich beschrieben sind. Ihre Rechtsstellung bzw. allgemein die Rechtsstellung kleiner Selbstständiger bedarf wegen der unzureichenden Ausgestaltung einer weitergehenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Wesentlich sind dabei nicht nur die vertragliche Inhaltskontrolle, sondern auch die wettbewerbsrechtliche Missbrauchskontrolle und die Zulässigkeit von Rahmenvereinbarungen. In diesem Zusammenhang ergeben sich zudem kartellrechtliche Folgefragen. Dieser Fragenkreis betrifft nicht nur das nationale Recht, sondern auch das Europarecht, das arbeitnehmerähnliche Personen als Beschäftigtenkategorie nicht kennt.
Wenig erforscht ist zudem die Auswirkung der von den digitalen Plattformen verwendeten Algorithmen, die insbesondere steuern, welche Aufträge die Beschäftigten erhalten können. Diese technische Entwicklung wird ggf. die Einordnung des Beschäftigungsverhältnisses, aber auch die Rechtsstellung der Plattformen beeinflussen. Algorithmen können wirtschaftliche Abhängigkeiten beeinflussen oder diskriminierende Wirkung entfalten. Zur Ermittlung und Vermeidung solcher Effekte könnte eine Eichung der Algorithmen erforderlich werden.
Neue Unternehmens- und Arbeitsorganisation und betriebliche Mitbestimmung
Die Digitalisierung der Wirtschaft forciert die Anwendung von agilen und kooperativen Beschäftigungsformen, die Unternehmen und Konzernen ein höheres Maß an Anpassbarkeit und Vernetzung beim Einsatz der Mitarbeiter ermöglicht. Die betriebs- und unternehmensübergreifenden Kooperationen erschweren die betriebliche Mitbestimmung als einer Form der Arbeitnehmerrepräsentation, die am Betrieb als organisatorischer Einheit anknüpft. Zudem sollen agile Teams idealerweise eine Teilautonomie haben und damit Fragen der inneren Organisation selbst entscheiden. Zusätzliche Fragen ergeben sich bei sog. Remote-Teams. Insofern entsteht ein Spannungsverhältnis zwischen autonomer Gruppe, Mitbestimmung des Betriebsrats und dem Weisungsrecht des Arbeitgebers. Darüber hinaus ergeben sich bei betriebs- und unternehmensübergreifender Zusammenarbeit Fragen zur Zuständigkeit des Betriebsrats. Die bestehende Betriebsverfassung sieht nur für einen Teil der sich stellenden Fragen adäquate Lösungen vor. Einzelne Regelungen sind in ihrer Reichweite unklar, sodass die Praxis auf diese bisher nicht zurückgreift.
Corporate Social Responsiblity – Unternehmen zwischen Selbstregulierung und staatlicher Intervention
Wirtschaftliche Profitabilität und soziale Verantwortung von Unternehmen ist ein Spannungsverhältnis, das bereits Walther Rathenau in seiner Schrift „Vom Aktienwesen“ 1917 identifiziert hat, das aber vor allem durch die Globalisierung und wegen der beschränkten Regelungsmacht der Nationalstaaten gegenüber multi-nationalen Konzernen zusätzliche Bedeutung erlangt hat. Corporate Social Responsibility (CSR) wird entlang der gesamten Wertschöpfungs- bzw. Lieferkette eingefordert und setzt damit internationales Handeln voraus, das in den letzten 20 Jahren zu einer Mehrzahl von internationalen Rahmenwerken für Corporate Social Responsibility als internationales Soft law geführt hat. Gegenwärtig nimmt die Kodifizierung von zwingendem Recht zu, wie die CSR-Richtlinie (Richtlinie 2014/95/EU) belegt. Ihre Besonderheit besteht darin, dass sie in den Mitgliedstaaten der EU in zwingendes Recht umzusetzen ist, aber selbst keine Standards für sozial verantwortliches Handeln der unternehmenstragenden Gesellschaften setzt, sondern diesen aufgibt, selbst zu beschreiben, welche Ziele sie sich im Hinblick auf einzelne Aspekte sozialer Verantwortlichkeit setzen. Corporate Social Responsibility ist Gegenstand der sozial- und politikwissenschaftlichen Forschung, wirft aber auch Rechtsfragen auf, die nicht nur das Zivil- und Gesellschaftsrecht, sondern auch das Völkerrecht und das Arbeitsrecht betreffen. Im Mittelpunkt steht dabei nicht nur die Ausgestaltung der CSR, sondern auch die Haftung von Unternehmen wegen Rechtsverletzungen entlang der Wertschöpfungskette. Darüber hinaus ist die Rolle der EU, aber auch internationale Organisationen wie die ILO oder die OECD bei der Schaffung internationaler und transnationaler Rechtsstandards von Bedeutung.
- Einschlägige Publikationen
Schubert Das Unternehmensinteresse - Maßstab für die Organwalter der AktiengesellschaftUnter besonderer Berücksichtigung der Nachhaltigkeit und sozialen Verantwortung von Unternehmen 2020, 246 Seiten, broschiert ISBN 978-3-8487-6544-7 |
- Laufende Projekte
Tagung: Corporate Social Responsibility – A Cross-Disciplinary Approach
Organisation:
Projektbeschreibung (PDF)
- Laufendes Promotionsvorhaben:
Arbeitsrechtliche Aspekte der Corporate Social Responsibility (Arbeitstitel)