Seminar: "Begriff der Krankheit und Anspruch auf Krankenbehandlung"
2. September 2021, von Internetredaktion
Die Aufgabe der Gesetzlichen Krankenversicherung ist die Absicherung ihrer Versicherten gegen das Risiko einer Erkrankung. Sowohl der Versicherungsfall der Krankheit als auch der Anspruch auf Krankenbehandlung werden allerdings lediglich vage durch unbestimmte Rechtsbegriffe umschrieben; es existieren weder Listen behandlungsbedürftiger Krankheiten noch konkrete gesetzliche Vorgaben zur Bestimmung des Krankheitsbegriffs oder eines Behandlungsanspruchs im Einzelfall. Krankheit wird dabei im Wesentlichen funktional im Sinne einer notwendigen Abgrenzung des versicherten Risikos von jenen Risiken, die in die private Lebenssphäre der Versicherten fallen, verstanden. Der Krankheitsbegriff ist damit kein medizinischer, sondern ein spezifisch sozialversicherungsrechtlicher Begriff.
Wenngleich die Bestimmung dessen, was Krankheit im Sinne des SGB V ist, anhand des tradierten Begriffs der Rechtsprechung in der Vielzahl der Fälle ohne Weiteres und weitgehend „reibungslos“ möglich ist, existieren doch zahlreiche Konstellationen, in denen der Krankheitsbegriff an seine Grenzen stößt: Kann ein als stark defizitär empfundenes äußeres Erscheinungsbild ohne Funktionsdefizit Krankheitswert haben? Können psychische Erkrankungen durch operative Eingriffe in funktional gesunde Körper behandelt werden? Haben transsexuelle Menschen Anspruch auf geschlechtsangleichende Behandlung und entfaltet die Annahme einer Krankheit hier stigmatisierende Wirkung? Mit diesen und verwandten Fragen, die die Grundlagen des Leistungsrechts im SGB V betreffen, wird sich das sozialrechtliche Seminar im Wintersemester 2021/2022 beschäftigen.
Zu den Themen:
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen rechtlichem und medizinischem Krankheitsbegriff
- Der Anspruch transsexueller Personen auf geschlechtsangleichende Behandlung
- Dürfen psychische Erkrankungen ausschließlich mit psychiatrischen/psychotherapeutischen Mitteln behandelt werden?
- Die mittelbare Behandlung somatischer Erkrankungen
- Die Bedeutung der „Behandlungsbedürftigkeit“ für den Anspruch auf Krankenbehandlung
- Die Mamma-Augmentationsplastik (Brustvergrößerung) als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung
- Krankheit ohne Funktionsdefizit? Zur „Entstellungsrechtsprechung“ des Bundessozialgerichts
- Denn Sie wissen nicht was sie tun – Arztvorbehalt und Systemversagen
- Das Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 16 Abs. 3a SGB V
- Der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V
- Der Anspruch auf Krankenbehandlung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
Seminarschein oder/und Schwerpunkthausarbeit
Sie können im Seminar einen Seminarschein erwerben. Die Seminarleistung besteht aus der schriftlichen Arbeit und der mündlichen Präsentation Ihrer Ergebnisse im Kreis der Seminarteilnehmenden; dabei wird die schriftliche Leistung mit 60 %, die mündliche mit 40 % gewertet. Zugleich können Sie das Seminar aber auch dafür nutzen, sich für die schriftliche Schwerpunkt-arbeit vorzubereiten. Deren Abfassung bereitet Studierenden mangels entsprechender Übung während des Studiums häufig Probleme, denn: Die Bearbeitung einer Themenarbeit ist etwas anderes als eine Fallbearbeitung und will gesondert vorbereitet sein. Schließlich kann die schriftliche Leistung im Seminar auch als Schwerpunkthausarbeit im Sinne von § 41 SPO geschrieben werden. In diesem Fall zählt für die Schwerpunktprüfung nur die schriftliche Arbeit; zugleich erwerben Sie aber durch die mündliche Präsentation einen Seminarschein, den Sie später etwa für eine Promotion benötigen.
Zeit und Ort der Veranstaltung; Ansprechpartner
Das Seminar wird im Anschluss an die Vorlesungszeit des Wintersemester 2021/2022 als Blockveranstaltung angeboten. Details werden rechtzeitig bekannt gemacht. Eine Vorbesprechung zu Semesterbeginn findet entweder präsent oder per Zoom statt. Das gewünschte Thema kann nach Anmeldung ab sofort bearbeitet werden; für Studierende, die ihre Schwerpunkthausarbeit im Seminar schreiben wollen, gelten gesonderte Vorgaben: Für sie wird ein neues Thema vorgegeben und die Bearbeitungszeit beträgt vier Wochen. Wenn Sie sich für das Seminar anmelden möchten oder Fragen haben, melden Sie sich gerne bei Dr. Sören Deister (soeren.deister"AT"uni-hamburg.de). Wir verteilen die Plätze nach dem Prinzip „first come first serve". Bitte nennen Sie uns in Ihrer Anmeldung zwei Themen, über die Sie gerne Ihre Arbeit verfassen möchten – wir teilen Ihnen im Anschluss das zu bearbeitende Thema mit. Wer seine Schwerpunkthausarbeit im Seminar schreiben möchte, wendet sich bitte direkt an Prof. Dr. Felix ( dagmar.felix"AT"uni-hamburg.de) oder Dr. Deister (soeren.deister"AT"uni-hamburg.de).
Vollständiger Aushang (PDF)