Warum im Ausland studieren? - Interview mit Student Sun Kairui
30. Mai 2016, von Internetredaktion

Foto: CESL
Jeder soll mal über den Tellerrand schauen, erklärt Sun Kairui, 23-jähriger Jurastudent aus Peking. Ihn führte ein Wahlmodul seines Doppelmaster-Studiums an der China-EU School of Law für sechs Wochen an das Europa-Kolleg Hamburg.
Jeder soll mal über den Tellerrand schauen, erklärt Sun Kairui, 23-jähriger Jurastudent aus Peking im Interview. Ihn führte ein Wahlmodul seines Doppelmaster-Studiums an der China-EU School of Law für sechs Wochen an das Europa-Kolleg Hamburg.
“Warum im Ausland studieren? Kurz gesagt: Weil es deinen Horizont erweitert auf eine Weise, die du dir vorher nicht hättest vorstellen können. Ältere Kommilitonen an der China-EU School of Law empfahlen mir Hamburg für das Wahlmodul in Europa: Die Professoren seien gut und die Stadt sehr grün. Sie hatten recht. Darüber hinaus habe ich aber entdeckt, dass der Alltag hier in einem langsameren Tempo abläuft. In Peking sind alle ständig in Hektik, hetzen zur Arbeit, hetzen zur Uni, hetzen nach Hause. Hier scheint der Rhythmus langsamer, Busse und Bahnen fahren nach Fahrplan, die Luft ist sehr sauber und nach der Arbeit genießen die Menschen ihre Freizeit. Mir gefällt das. Obendrein erinnert mich all das Grün an Jiāngxī, meine Heimatprovinz etwa sechs Autostunden südöstlich von Peking.
Die größte Herausforderung am Studieren in Hamburg war die mündliche Prüfung, die erste meines Lebens. Wir haben keine mündlichen Prüfungen in China. „Auf welche rechtlichen Aspekte muss ein chinesisches Unternehmen achten, das in Europa investieren will?“, fragte Professor Peter Behrens. Dann ging es 30 Minuten immer weiter ins Detail. Am Ende bestand ich mit 9.5 von 10 möglichen Punkten. Das war eine gute Erfahrung, besonders, weil es der Abschluss meines Lieblingskurses “Europäisches und internationales Unternehmensrecht“ war, in dem wir französisches, deutsches und englisches Unternehmensrecht miteinander verglichen. Ich verstehe das chinesische Recht besser, wenn ich europäisches Recht studiere, weil unser Recht sich oft daran anlehnt.
Es gibt mehr Interaktion in den Vorlesungen und Tutorien hier als in Peking. Die meisten chinesischen Studenten sind eher schüchtern. Außerdem lernen im LL.M.-Studiengang “European and International Law” rund 70 vorrangig chinesische Studenten zusammen, hier in Hamburg sitzen dagegen nur 17 Studenten aus Indien, Amerika, Asien und Europa gemeinsam in der Vorlesung. Professoren wie Studenten fragen einander viel, diskutieren und tauschen Meinungen aus.
An diese Studienreise nach Europa werde ich mich auch in 30 Jahren noch erinnern. Was ich mitnehme, kann einem kein Buch beibringen. Ich habe zum Beispiel die Funktionen der Europäischen Union in Brüssel im Leseraum in Peking studiert, aber vermutlich habe ich ihre volle Bedeutung erst erfasst als ich am Eingang der Europäischen Kommission in Brüssel stand. Außerdem ist wirklich spannend, mit so vielen netten Menschen von überall auf der Welt zu sprechen. Letzte Woche erzählte mir meine amerikanische Kommilitonin Victoria auf einer S-Bahnfahrt von ihren Reisen rund um den Globus und dass sie am liebsten alleine unterwegs ist, weil sie dann genau das tun kann, was sie will und es leichter ist, neue Menschen zu treffen. Ich bin bislang immer in Gruppen gereist. Nächstes Mal reise ich vielleicht auch allein. Und ich habe entdeckt, dass manches, worüber sich Mitstudenten vor der Reise Sorgen machten, wie etwa der große Unterschied zwischen chinesischem und europäischem Essen, vor Ort keine große Sache ist – mir schmeckte Schweinshaxe.“