Albrecht Mendelssohn Bartholdy
Jurist – Friedensforscher – Künstler
Die Graduiertenschule trägt den Namen eines der bedeutendsten Wissenschaftler in der Geschichte der Fakultät für Rechtswissenschaft seit ihrem Beginn im Jahre 1919. Die Wahl des Namens hat durchaus programmatische Bedeutung und zeigt, dass sich die Graduiertenschule in eine bestimmte wissenschaftliche Tradition stellt.
Albrecht Mendelssohn Bartholdy (1874-1936) war von 1920 an ordentlicher Professor für Zivilrecht, ausländisches und internationales Privat- und Prozessrecht in Hamburg. 1923 gründete er das „Institut für Auswärtige Politik“. Bereits zuvor hatte er sich der „Arbeitsgemeinschaft für Politik des Rechts angeschlossen. Die Reichsregierung delegierte ihn wenig später zu den Versailler Friedensverhandlungen. Die Kriegsursachenforschung, ein Teil der Friedensforschung, war damit als ein neues Arbeitsgebiet angesprochen. Diese wollte mit den Mitteln der Wissenschaft eine Friedenspolitik unterstützen. Mendelssohn Bartholdy war Spezialist für das anglo-amerikanische Recht und hat zahlreiche Beziehungen ins Ausland gepflegt. 1925 wurde Mendelssohn Bartholdy Richter am Internationalen Schiedsgericht in Den Haag, 1931 Delegierter im Völkerbund.
Die glänzende Karriere fand durch das Unrecht der Zwangsemeritierung 1933 ein abruptes Ende. Mendelssohn Bartholdy emigrierte im Folgejahr nach Oxford, wo er Research Fellow am Balliol College wurde. 1936 verstarb Mendelssohn Bartholdy in Oxford an den Folgen schwerer Krankheit.1 Recht und Frieden – beides steht in einem unauflöslichen Zusammenhang und beides verband sich in der Figur des großen Gelehrten. Es ist wohl nicht zufällig, dass sich Mendelssohn Bartholdy in seinen ersten Arbeiten mit dem Richteramt befasste. Die Persönlichkeit Mendelssohn Bartholdys wäre allerdings unzureichend skizziert, würde man nicht auch seine künstlerische Begabung erwähnen. Musik und Dichtung nahmen in seinem Leben einen wichtigen Raum ein. Er spielte konzertant Klavier, komponierte und verfasste zahlreiche Gedichte und Lieder.
Der Name Albrecht Mendelssohn Bartholdy steht für die Überschreitung enger fachlicher Grenzen. Er war Zivilrechtslehrer und Staats- und Völkerrechtler, Jurist und Politikwissenschaftler, Wissenschaftler, Politiker und Künstler. Er steht als Wissenschaftler und Person für eine im Sinne der Weimarer Zeit freiheitsliebende, weltoffene und international orientierte Rechtswissenschaft mit interdisziplinärer Ausrichtung. Diese Orientierung ist der Graduiertenschule Programm und Verpflichtung.
1 Alle Fakten zum Vorhergehenden finden sich belegt bei Rainer Nicolaysen, Albrecht Mendelssohn Bartholdy
(1874-1936). Jurist – Friedensforscher – Künstler, in: RabelsZ 75 (2011), S. 1-31.