“Wer in China studiert, knüpft engere Kontakte als jemand, der reist“
1. Februar 2018, von Internetredaktion

Foto: CESL
Dr. Sophia-Antonia Bir war 2010 die erste europäische Absolventin der China-EU School of Law. Nach ihrer Promotion stieg sie bei der Sozietät Freshfields ein. Seit 2017 führt sie das Unternehmen Heller und den Forstbetrieb Gut Glindfeld.
Welches ist das wertvollste Handwerkszeug, das Ihnen die China-EU School of Law mitgegeben hat?
Mir hat das Studium an der China-EU School of Law vor allem geholfen, Sachlagen aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und sie so in ihrem vollen Kontext zu begreifen. Davon habe ich nicht nur bei meiner juristischen Arbeit sehr profitiert. Auch bei meiner heutigen Tätigkeit als Geschäftsführerin des familieneigenen Handelsunternehmens Heller und des Forstbetriebs Gut Glindfeld hilft mir dies an vielen Stellen weiter. Die China-EU School of Law ist dafür ein tolles Lernumfeld, weil sie unterschiedliche Rechtssysteme an einem Ort miteinander verknüpft. Diese Bündelung ist eine enorme Herausforderung, weil es einen als Studenten ständig zwingt, sich mit dem eigenen Verständnis von Recht wie auch dem Verständnis anderer auseinanderzusetzen. Dadurch kann man aber gleichzeitig so viel mehr verstehen, als wenn man sich erst die verschiedene Rechtskulturen Europas und dann die Rechtskultur in China angeschaut hätte.
Worum genau ging es bei Ihrer Arbeit als Anwältin?
Bei Freshfields Bruckhaus Deringer in Düsseldorf lag mein Fokus auf dem Gesellschaftsrecht und Mergers & Aquisitions. Wir haben zum Beispiel den schwedischen Vattenfall-Konzern beim Verkauf der Braunkohle-Kraftwerke und der Tagebaue in der Lausitz an den tschechischen Versorger Energetický a Průmyslový Holding beraten. Der Verkauf gilt als einer der größten und komplexesten in der europäischen Energiewirtschaft der vergangenen Jahre. Die Transaktion stieß auch in China auf Interesse, weil hier politische und gesetzgeberische Aspekte von Energiewirtschaft und Klimaschutz zusammenfielen. China hat mich nie mehr ganz losgelassen. Schon in meiner Promotion 2014 hatte ich ja das deutsche und chinesische Insiderhandelsverbot verglichen. Mit dem Ergebnis, dass beide Rechtsordnungen in den wesentlichen Grundgedanken übereinstimmen.
Wenn Sie Ihrem jüngeren Selbst, das gerade an der China-EU School of Law startet, einen Rat geben könnten, was wäre das?
Glücklicherweise kann ich sagen, dass ich alles genau so wieder machen würde. Ich schätze besonders, dass mein Kontakt zu den chinesischen Studenten so eng war, ich wohnte zunächst im Wohnheim und konnte echte Freundschaften knüpfen. Umgekehrt lernten sie mich und meine deutschen Gepflogenheiten gut kennen – wie etwa, dass man sich unter Freunden zur Begrüßung umarmt. Außerdem bin ich froh, dass das Studium meine Sprachkenntnisse so intensiv trainierte. Nach einem Jahr konnte ich mich gut unterhalten und hatte dadurch einen viel engeren Zugang zu meinem Umfeld. Wenn man mich also fragt, ob ausgiebige Reisen oder Praktika nicht als Alternative zu einem Studium die ergiebigere Variante sind, um China kennenzulernen, empfehle ich ganz klar das Studium, aber natürlich nicht mit engem Anschluss an Europäer. Man sollte vielmehr die Chance nutzen, die Freizeit mit den chinesischen Kommilitonen zu verbringen und so tief wie möglich in das chinesische Leben einzutauchen.