„Alle chinesischen Topkanzleien stellen sich jetzt international auf“
2. März 2018, von Internetredaktion
Foto: Zhang Dalei
Zhang Dalei erwarb 2017 den Doppelmaster-Abschluss der China-EU School of Law. Heute ist er Anwalt bei der chinesischen Spitzenkanzlei Zhong Lun – entscheidendes Einstellungskriterium war seine internationale Ausbildung.
Warum Zhong Lun?
Die Kanzlei Zhong Lun gehört zum sogenannten Roten Zirkel, das sind die acht Top-Kanzleien in China. Neben guten Sozialleistungen, hervorragenden Gehaltserhöhungen und einem exzellenten Chef und Team lockte mich die verhältnismäßig demokratische Firmenkultur – die Partner sind tatsächlich offen für Vorschläge, im Team werden alle Meinungen respektiert. Außerdem kann man es dort in neun Jahren vom Anwalt zum Partner schaffen, das Beförderungssystem ist sehr transparent, gerade im Vergleich zu anderen Kanzleien.
Wie lief das Bewerbungsverfahren?
Zhong Lun lädt alle Bewerber zunächst zu zwei schriftlichen Tests. Beim ersten geht es um die juristischen Sprachkenntnisse – ich musste zum Beispiel Begriffe wie „Garantievertrag“ und „Zahlungsverpflichtung“ aus dem Chinesischen ins Englische übersetzen. Beim zweiten bearbeitet man eine umfassende Fallstudie aus dem Zivil- und Wirtschaftsrecht, bei der ich empfehlen würde, ganz genau auf die Fragestellung zu achten, weil es vor allem wichtig ist, wie man argumentiert. Wer bei den schriftlichen Tests gut abschneidet, wird dann vom Personalleiter und dem zukünftigen Vorgesetzten, in meinem Fall Partner Zhang Xuebing, zum Gespräch gebeten. Das Personalgespräch war recht standardisiert mit Fragen wie „Wieso wollen Sie Anwalt werden?“, „Was reizt Sie an Zhong Lun?“, „Wieso haben Sie ein Praktikum bei King&Wood absolviert?“. Darauf habe ich mich einfach anhand meiner konkreten Situation vorbereitet. Das Interview mit dem Partner dagegen war schwer kontrollierbar, weil jeder Partner seinen eigenen Stil verfolgt. Generell empfehle ich, im Gespräch bescheiden und höflich, aber nicht übervorsichtig aufzutreten. Außerdem sollte man auf jeden Fall den Kanzlei-Dresscode beachten, also im Anzug erscheinen, oder als Frau im Kostüm mit nur dezentem Make-up. Und Parfüm ist ein absolutes Tabu.
Wieso hat Zhong Lun sich für Sie entschieden?
Bei mir ausschlaggebend war wohl der Doppelmaster-Abschluss. Der Partner Zhang Xuebing ist Alumni der Partneruniversität der China-EU School of Law, der China University of Political Science and Law, er sitzt dort im Beirat und kennt die Hochschule. Mir kam auch zugute, dass die Menschen bei einem LL.M.-Titel der Universität Hamburg denken, man sei lange im Ausland gewesen, das beeindruckt. Vor allem aber weiß Zhang Xuebing, dass die China-EU School of Law zufälligerweise genau den internationalen Horizont bietet, den derzeit jede chinesische Großkanzlei in ihre Strategieplanung aufnimmt. Ob King&Wood oder Zhong Lun, alle planen international operierende chinesische Kanzleien zu werden. Genau wie an der China-EU School of Law geht es darum, als in China etablierte Organisation EU-Recht zu studieren und sich international auszutauschen, um dann mit solider internationaler Erfahrung den für China besten Weg zu beschreiten.
Wie ist das Leben als Anwalt?
Anwälte sind auch nach der Arbeit immer im Stand-by-Modus. Ohne Übertreibung, manche Anwälte tragen ihren Laptop immer mit sich und schreiben die nächste Email, sobald sie auf dem Platz den Badminton-Schläger hinlegen. Wenn du eine Aufgabe bekommst, musst du sie fristgerecht erledigen. In der Regel arbeitet man von neun Uhr morgens bis sieben oder acht Uhr abends, mit Mittagspause. Manchmal bei King&Wood saß ich bis ein oder zwei Uhr morgens am Schreibtisch, für ein paar Wochen auch mal bis vier Uhr. Anwälte leben ein schnelles Leben, haben hohe Ansprüche an sich selbst und machen viele Überstunden.
Typische Aufgaben, etwa im Merger&Acquisitions-Geschäft, sind das Prüfen und Korrekturlesen von Akten. Juristische Recherche nimmt viel Raum ein, in der Rechtspraxis stellen sich immer wieder neue Rechtsfragen, die zu lösen sind. Außerdem erstelle ich viele Schriftsätze, das muss man sich als Anwalt aneignen, solange, bis man es aus dem Effeff kann. Zum Einstieg schreibe ich Standardtexte wie eine Unternehmensbeschreibung oder einen Übernahmevertrag. Die sozialen Kontakte sind natürlich auch wichtig, in der Kommunikation mit den Mandanten und Kollegen.
Welchen Tipp können Sie einem Studenten der China-EU School of Law geben?
Verbessere deine Englischkenntnisse und studiere so intensiv wie möglich. Ich empfehle, sowohl die chinesischen wie auch die europäischen Ressourcen voll auszuschöpfen. Bei allem, was du tust, gib dein Bestes. Bleib ein freundlicher und aufrichtiger Mensch. Ob du bei einem Vorstellungsgespräch eine persönliche Verbindung zu einem Partner aufbauen kannst, hängt von deinen bisherigen Leistungen ab, aber auch davon, ob du deinen guten Charakter zeigen kannst. Damit kann man schon heute im Kontakt mit Kommilitonen, Professoren und Fremden auf der Straße anfangen. Und schließlich: Glaub an Gerechtigkeit. Du wirst als Anwalt sicher Dinge erfahren, von denen du noch nie gehört hast, und einiges wird dich betrüben, schockieren oder abstoßen – aber glaube an die Gerechtigkeit, setz dich für sie ein, früher oder später wird sich das Recht durchsetzen.