Kartellschadensersatz 2022
13. Mai 2022, von Internetredaktion
Die private Kartellrechtsdurchsetzung in der aktuellen Rechtsprechung des BGH und EuGH
Am 13. Mai 2022 fand im beeindruckenden Kuppelbau der Universität Hamburg nach über zwei Jahren pandemiebedingter Pause wieder eine echte Präsenzveranstaltung des C-L-F statt. Die Vorfreude hat sich gelohnt: zwei hervorragende Vorträge, eine lebhafte Diskussionsrunde und das ein oder andere kühle Getränk am Alsterufer – ein mehr als gelungener Start in die Veranstaltungs-Normalität!
Den Auftakt der Veranstaltung machte Dr. Jan Tolkmitt, Richter am neu aufgestellten Kartellsenat des Bundesgerichtshofs, mit einem Bericht über die aktuelle Rechtsprechung zum Kartellschadensersatzrecht. Der Vortrag begann mit den dogmatischen „Basics“, dem Haftungsgrund des Kartellschadens-ersatzanspruchs, insbesondere der Bedeutung des ungeschriebenen Merkmals der Kartellbetroffenheit nach der Schienenkartell II-Entscheidung. Weiter ging es mit der komplexen Pass-on Problematik in den Schienenkartell IV und Schienenkartell V-Entscheidungen, u.a. der Frage, wie der Zielkonflikt zwischen vollständiger Kompensation der Geschädigten und Vermeidung einer Mehrfachinanspruchnahme der Schädiger aufgelöst werden kann. Sodann ging es um Fragen der Schadenspauschalierung durch AGB-Klauseln, die in der Schienenkartell VI-Entscheidung eine große Rolle spielten. Der spannende Vortrag endete mit Ausführungen zum Beweisrecht, das in jedem Kartellschadensersatzprozess von enormer Bedeutung ist, und dem Umgang mit ökonomischen Gutachten und alternativen Ansätzen zur Schadensfeststellung.
Den zweiten Vortrag hielt Prof. Dr. Christian Heinze, Leiter des Institut für Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht an der Universität Heidelberg. Prof. Heinze sprang spontan für den kurzfristig verhinderten Dr. Gero Meeßen vom Juristischen Dienst der Europäischen Kommission ein, dessen Vortrag bei Gelegenheit in einer kommenden C-L-F-Veranstaltungen nachgeholt wird. Er sprach über die brisante Thematik der Vereinbarkeit kartellrechtlicher Inkasso-Sammelklagen mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz: Verstoßen Inkassodienstleister, die sich kartelldeliktische Ansprüche mehrerer Geschädigter abtreten lassen und diese gebündelt gerichtlich gelten machen und ggf. mit einem Prozessfinanzierer zusammenarbeiten, gegen § 3 RDG oder § 4 RDG? Führt ein Verstoß gegen § 3 RDG und § 4 RDG zur Nichtigkeit der Forderungsabtretungen? In knapp zwanzig Minuten gab Prof. Heinze den TeilnehmerInnen einen kompakten Überblick über die aktuelle Rechtsprechung, insbesondere die jüngere AirDeal-Entscheidung des Bundesgerichtshof, und erläuterte seine Sicht der Dinge, die sich bei Interesse in der aktuellen Ausgabe der NZKart (2022, 193) nachlesen lässt.
Im Anschluss an die beiden Vorträge folge eine „C-L-F-typische“ angeregte, kontroverse Diskussionsrunde, die von Prof. Dr. Wolfgang Wurmest von der Universität Hamburg hervorragend geleitet wurde. Über den Inhalt der Diskussion ist nach den Chatham-House-Rules Schweigen zu wahren.
Nach einem kurzen Spaziergang im Sonnenschein startete der gesellige Teil der gut besuchten Veranstaltung auf der Terrasse des Bootshauses des Ruder-Clubs „Favorite Hammonia“. Mit Blick auf die Außenalster, guten (und reichlichen) Getränken und Häppchen gingen die Diskussionen lebhaft weiter.
(Alicia Helle)