Steuersystematik, Steuerausnahmen und Steuerreform
Publikationsdetails
- Autor(en): Prof. Dr. Arndt Schmehl
- Titel: Steuersystematik, Steuerausnahmen und Steuerreform
- Jahr: 2013
- Herausgeber: Michael Bäuerle, Philipp Dann und Astrid Wallrabenstein
- Erschienen in: Demokratie–Perspektiven, Festschrift für Brun-Otto Bryde zum 70. Geburtstag
- Ort: Tübingen
- Seiten: 457-480
Zur Reichweite des Folgerichtigkeitsgebots und des Beihilfenbegriffs am Beispiel der Begrenzung der körperschaftsteuerlichen Verlustverrechnung und der sog. Sanierungsklausel (§ 8c KStG). -
Es gilt auszuleuchten, wie der Gleichheitssatz der krönende Schlussstein des Steuerrechts bleiben oder werden kann, ohne dass daran zugleich dysfunktionale Fallstricke für die Steuergesetzgebung aufgehängt werden. Wegen der starken Untergliederung und internen Verflochtenheit des Steuerrechts ist es beispielsweise oftmals nicht trivial, einen Anspruch auf Gleichbehandlung von der Verteidigung einer gleichheitswidrigen Ausnahme zu unterscheiden. Ein erhellendes Beispiel ist die Diskussion um § 8c des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).
Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und andere Körperschaften werden vom KStG als eigenständig steuerpflichtige Einheiten behandelt. Ist es dann eine Gleichheitsverletzung, wenn es für die steuerliche Relevanz von Verlusten, wie es § 8c Abs. 1 KStG vorsieht, unter bestimmten Bedingungen auch auf eine Mindestkontinuität der Gesellschafter, nicht allein auf die rechtlich unverändertere Identität der Gesellschaft ankommt? Das Finanzgericht Hamburg hat dies beispielsweise angenommen.
Und wenn die Verlustverrechnung in diesem Rahmen sodann durch § 8c Abs. 1a KStG trotz eines Gesellschafterwechsels akzeptiert wird, soweit dieser Wechsel der Unternehmenssanierung dient („Sanierungsklausel“) – ist dies dann gleichheitswidrig und zudem eine selektiv wirkende Beihilfe im unionsrechtlichen Sinne? Die Europäische Kommission hat es so entschieden.
In Rechtsprechung und Literatur sind beide Fragen durchgehend umstritten. Sowohl der verfassungsrechtliche als auch der europarechtliche Bestand von § 8c KStG ist praktisch offen. Abhängig ist beides von einer gleichheitsbezogenen, stark mit der Gesetzes- und Steuersystematik argumentierenden Beurteilung des § 8c KStG. Dem Problem soll daher vor dem Hintergrund des Verhältnisses von Steuersystem, Steuerausnahmen und Steuerreform nachgegangen werden.
In: Demokratie–Perspektiven. Festschrift für Brun-Otto Bryde zum 70. Geburtstag, herausgegeben von Michael Bäuerle, Philipp Dann und Astrid Wallrabenstein, Tübingen 2013, S. 457-480.