Vortrag über neue Ergebnisse des MOTRA-Forschungsprojektes zu extremistischen Einstellungen und Autokratieakzeptanz
14. Oktober 2023, von Internetredaktion
Am 11.10.2023 stellte Prof. Dr. Peter Wetzels auf der vom Zentrum für Radikalisierungsforschung und Prävention (ZRP) der International University (IU) durchgeführten Fachtagung „RADIKALISIERUNG UND PRÄVENTION IM FOKUS DER SOZIALEN ARBEIT“ in Hamburg neue Ergebnisse der repräsentativen bundesweiten Befragungen des MOTRA-Forschungsprojektes des Instituts für Kriminologie an der Fakultät für Rechtswissenschaft der UHH vor. Danach hat in der Zeit von 2021 bis 2023 das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik und staatliche Institutionen ganz erheblich abgenommen. So ist die Quote der Personen, die Vertrauen in die Regierung zum Ausdruck bringen, in dieser kurzen Zeit von 55.9% auf 30.8% gesunken. Das Vertrauen in politische Parteien hat sich mit einem Rückgang von 40.5% auf 20.7% sogar fast halbiert. Mit über 70% ist zudem die Rate der Personen, die der Ansicht sind, dass die Entscheidungsträger in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft nicht in der Lage seien, die aktuellen gesellschaftlichen Probleme zu lösen, 2023 auf einem Höchststand. Es findet sich darüber hinaus ein signifikanter Anstieg der Verbreitung von Verschwörungsdenken zwischen 2022 und 2023.
Zwar sind nach wie vor manifest rechtsextrem eingestellte Personen in einer deutlichen Minderheit. Mit etwa einem Drittel ist jedoch der Anteil der Bevölkerung, der zwar noch nicht rechtsextrem ist, aber klar autokratische Tendenzen erkennen lässt, im Jahr 2023 sehr beachtlich. Autokratie akzeptierende Haltungen finden sich dabei im gesamten gesellschaftlichen und politischen Spektrum in relevantem Ausmaß, so auch bei Anhängern der verschiedenen demokratischen Parteien der Mitte. Die Skepsis gegenüber der Demokratie ist insoweit im Zuge kumulierender gesellschaftlicher Herausforderungen auf nationaler wie internationaler Ebene erheblich gewachsen. In dieser Hinsicht fällt ein deutlicher Zusammenhang mit dem Ausmaß der persönlichen wirtschaftlichen Belastungen im Zuge von Inflation und Wirtschaftskrise auf sowie mit dem Umfang an Besorgnissen, angesichts der Gleichzeitigkeit mehrerer ganz grundlegender gesellschaftlicher Herausforderungen und Probleme. Sich daraus ergebenden Verunsicherungen und Bedrohungserlebnisse tragen erheblich dazu bei, dass Menschen die Bereitschaft entwickeln, auf zentrale Prinzipien einer freiheitlichen Demokratie zu verzichten und Formen autoritärer politischer Führung als Weg einer erhofften schnellen Problemlösung zu befürworten. Diese empirisch sich in den mehrfach durchgeführten Befragungen des MOTRA-Projektes aber auch in anderen Studien klar manifestierenden Tendenzen werden aktuell durch die Ergebnisse der jüngsten Landtagswahlen in Bayern und Hessen eindrucksvoll bestätigt. Vor diesem Hintergrund ist, nicht zuletzte auch im Gefolge internationaler Konflikteskalationen, zu befürchten, dass neben Tendenzen zunehmener Autokratie auch Formen der Intoleranz sowie von Vorurteilen gegenüber Fremdgruppen und Minderheiten zunehmen könnten.
In einer an den Vortrag anschließenden Podiumsdiskussion diskutierte Professor Dr. Wetzels gemeinsam mit anderen Expertinnen und Experten, welche Folgerungen und Herausforderungen sich aus diesen neuen Forschungsbefunden, auch vor dem Hintergrund der ganz aktuellen internationalen Entwicklungen im Nahen Osten, für die Prävention und die Soziale Arbeit ergeben.
Die Folien dieses Vortrags sind hier online verfügbar.