Neue Befunde über Einstellungen der Bevölkerung zu Wehrdienst und Verteidigungsbereitschaft: UHH MOTRA-Spotlight No. 15 ist verfügbar
13. Oktober 2025, von Internetredaktion
Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und der Wahrnehmung einer verschärften außenpolitischen Bedrohungslage spielen die Themen „Verteidigungsfähigkeit“ und „Wehrpflicht“ aktuell eine große Rolle. Sie sind seit mehr als einem Jahr Gegenstand ausführlicher politischer und gesellschaftlicher Debatten. Dabei geht es vor allem um eine für erforderlich erachtete Erhöhung der Anzahl der Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr. Hier besteht Uneinigkeit darüber, ob dafür die (Wieder)Einführung einer Wehrpflicht erforderlich ist oder ob ein auf Freiwilligkeit basierendes Modell hinreichend wäre. In dieser Woche findet im Deutschen Bundestag die erste Debatte zum Entwurf eines Wehrdienstmodernisierungsgesetzes statt, wo diese Fragen auf der Tagesordnung stehen, um eine gesetzliche Regelung zu treffen.
Innerhalb des bundesweiten Forschungsverbundes MOTRA führt das Institut für Kriminologie an der Fakultät für Rechtswissenshaft der UHH in Kooperation mit dem GIGA Hamburg die Studie „Menschen in Deutschland: International“ (MiDInt) durch. Im Rahmen dessen finden regelmäßige repräsentative Online-Befragungen der Bevölkerung statt. In der aktuellsten Erhebung im Juli 2025 wurden 2279 Personen in Deutschland im Alter von 18 bis 70 Jahren erreicht. Diese wurden auch zu ihren Meinungen hinsichtlich einer künftigen Regelung des Wehrdienstes sowie ihrer eigenen Bereitschaft befragt, als Soldatinnen und Soldaten bei der Bundeswehr Dienst zu leisten.
Die Ergebnisse zeigen, dass knapp 30% jegliche Regelung im Sinne einer zwangsweisen Dienstpflicht ablehnen. Die höchste Zustimmung findet mit 42,0% eine einjährige allgemeine Dienstpflicht, die gleichermaßen für Männer und Frauen gilt, bei der frei entschieden werden kann, ob der Dienst bei der Bundeswehr oder aber außerhalb des Militärs in anderen gesellschaftlichen Bereichen abgeleistet wird.
Knapp 39% wären ferner bereit, Deutschland selbst aktiv mit der Waffe zu verteidigen. Von den Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft, die bislang noch keinen Militär- oder Zivildienst geleistet haben, wären zudem 16% gewillt, sich freiwillig für eine militärische Grundausbildung bei der Bundeswehr zu melden.
Eine konservative Hochrechnung dieser Zahlen auf die Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 29 Jahren führt zu dem Ergebnis, dass bei vorsichtiger Schätzung die Untergrenze des Potentials derer, die über ein Freiwilligenmodell für einen Dienst in der Bundeswehr zu gewinnen wären und wehrtauglich sind, bei mindestens 175 000 jungen Männern und 70 000 jungen Frauen liegt. Insofern besteht zumindest aus empirischer Sicht keine Erforderlichkeit zur Erhöhung der Anzahl der Soldatinnen und Soldaten auf eine zwangsweise Dienstverpflichtung im Sinne der (Wieder)einführung einer Wehrpflicht zurückzugreifen.
Den Text des UHH-MOTRA Spotlight No. 15 können sie hier als pdf herunterladen.