Neues UHH-MOTRA Spotlight No. 16 zu Meinungen der deutschen Bevölkerung zum Gaza-Krieg und Friedensvorschlägen sowie zur Verbreitung von Israelkritik und antisemitischen Einstellungen
20. Oktober 2025, von Internetredaktion
In dem neuen UHH-MOTRA Spotlight No. 16 werden unter dem Titel „Die Sehnsucht nach Frieden im Nahen Osten“ Ergebnisse der Studie Menschen in Deutschland: International (MiDInt) vorgestellt, die vom Institut für Kriminologie an der Fakultät für Rechtswissenschaft der UHH zusammen mit dem German Institute for Global and Regional Studies (GIGA) in Hamburg durchgeführt wird. Im April 2025 fand im Rahmen von MiDInt eine repräsentative Online-Befragung von 2.436 Personen statt, in der u.a. Meinungen zum Gaza Krieg und Haltungen zu einem Friedensvorschlag erhoben wurden. Analysiert wurde auch, wie stark Kritik an den Aktivitäten der Hamas einerseits und des Staates Israel andererseits bei Menschen in Deutschland verbreitet ist. Weiter wurde untersucht, inwieweit Kritik an der Politik Israels mit antisemitischen Einstellungen in Zusammenhang steht bzw. in welchem Maße eine nicht antisemitisch unterlegte Israelkritik zu erkennen ist. Die Ergebnisse hierzu sind bemerkenswert eindeutig.
Die weit überwiegende Mehrheit der Befragten (76,1%) verurteilt sowohl die militärischen Handlungen der Hamas als auch die militärische Vorgehensweise Israels. Einseitige Parteinahmen zugunsten Israels oder der Hamas sind sehr selten. Ferner äußern rund 27% der Befragten tradierte und/oder israelbezogene antisemitische Ansichten. Diese beiden Formen des Antisemitismus überlappen sich untereinander stark.
Israelkritik im Sinne einer kritischen Haltung zur Politik des Staates Israel im Umgang mit der palästinensischen Bevölkerung ist in Deutschland sehr weit verbreitet (71,4%). Sie geht weit überwiegend aber nicht mit antisemitischen Einstellungen einher. Nur etwa ein Drittel der israelkritischen Menschen in Deutschland zeigt gleichzeitig auch antisemitische Tendenzen. Mehr als 50% der Bevölkerung lehnen die aktuelle Politik Israels ab, ohne Vorurteile gegen Jüdinnen und Juden oder israelbezogenen Antisemitismus zum Ausdruck zu bringen. Insofern ist es aus empirischer Sicht nicht angemessen, Proteste und damit verbundene Kritik der Politik des Staates Israel pauschal als antisemitisch zu etikettieren.
Rund 85% der Befragten befürworten einen Friedensvorschlag für den Nahen Osten, der unter anderem die wechselseitige staatliche Anerkennung, einen Waffenstillstand, die Freilassung von Geiseln und die unbehinderte Durchführung von Hilfsmaßnahmen für die Bevölkerung im Kriesgebiet beinhaltet. Ebenso hoch ist die Rate derer, die sich dafür aussprechen, dass die Bundesregierung aktiv einen solchen Vorschlag unterstützt. Mehr als 80% der Befragten sind dabei der Ansicht, dass die Hamas das Existenzrecht des israelischen Staates anerkennen sollte. Ebensoviele Befragte sind dafür, dass Israel einen plästinensischen Staat anerkennt. Insoweit ist neben der Akzeptanz des Existenzrechts des Staates Israel durch Menschen in Deutschland auch die Befürwortung eines eigenen palästinensischen Staates sehr weit verbreitet.
Die Ergebnisse widersprechen Vermutungen, wonach die Gesellschaft Deutschlands in diesen Fragen polarisiert wäre. Eine Sehnsucht nach einer konstruktiven Friedenslösung für den Nahen Osten ist vielmehr umfassend und mehrheitlich in allen Bevölkerungsgruppen zu erkennen. Zugleich findet sich ebenfalls bei der großen Mehrheit eine ausgeprägte Kritik der Politik und Maßnahmen in Bezug auf beide Konfliktparteien. Einseitigkeit ist in Deutschland in diesem Punkte, entgegen häufig geäußerten Annahmen, eher die Ausnahme. Die Anerkennung des Existenzrechts Israels erhält außerdem ebensoviel Zustimmung wie die Befürwortung der Anerkennung eines palästinensischen Staates. All dies könnte und sollte mit Blick auf die Sicherung und Pflege des sozialen Zusammenhalts politisch wie medial deutlich betont werden.
Den Text des UHH-MOTRA Spotlight No. 16 können Sie hier als pdf herunterladen.