Möglichkeiten und Grenzen der Personalisierung
Die Möglichkeiten der Personalisierung durch digitale Technologien reichen von der personalisierten Medizin über Werbung und politische Wahlkommunikation bis hin zum personalisierten Recht. Letzteres kann je nach Ausgestaltung zu Spannungen mit der Rechtsgleichheit aller Bürger*innen führen. Auf der anderen Seite ist die individuelle Gestaltung der eigenen Rechtsangelegenheiten zugleich ein Ausdruck individueller Selbstbestimmung – die Privatautonomie als Prinzip des Zivilrechts, das insoweit freilich in vielerlei Hinsicht, nicht zuletzt zum Schutz der Selbstbestimmung, Grenzen vorsieht.
Diese Entwicklung bietet Chancen und Risiken. Die kontinuierliche Beobachtung des Verhaltens von Vertragspartnern zumal in Dauerschuldverhältnissen ermöglicht eine permanente Anpassung von Rechten und Pflichten und ist darauf gerichtet, das Verhalten zu steuern und zu sanktionieren. Was auf der einen Seite als eine begrüßenswerte Individualisierung etwa von Risiken erscheint, wirft auf der anderen Seite Fragen nach den Grenzen der Privatautonomie, aber möglichweise auch Gemeinwohlfragen auf, etwa nach der Kollektivierung von Risiken, die gute Gründe haben kann. Ähnlich stellt es sich in Fällen des Individual Pricing und Credit Scoring dar.
Aus der Perspektive beispielsweise des Verbraucherrechts lassen sich ähnliche Möglichkeiten beobachten: Unter welchen Prämissen, mit welchem Nutzen und in welchen Grenzen lässt sich aufgrund der technischen Möglichkeiten von einer Verwendung allgemeiner rechtlicher Regelungen und Maßstäbe absehen und das Recht selbst insofern „passgenauer“ zuschneiden? Der entsprechenden Diskussion liegt der Gedanke zugrunde, dass eine wesentliche Ursache für die Grobkörnigkeit rechtlicher Regelungen in den praktischen Schwierigkeiten der Anwendung komplexer, möglichst differenzierter Normen besteht. Mithilfe des technischen Fortschritts könnten diese Herausforderungen nun überwunden werden, so dass eine Feinabstimmung von Normen in Betracht käme, die eine höhere Einzelfallgerechtigkeit sowie eine größere Regelungseffizienz ermöglichen.
Das Forschungsfeld Möglichkeiten und Grenzen der Personalisierung wird von Prof. Dr. Robert Koch, Prof. Dr. Georg Ringe, Prof. Dr. Mareike Schmidt und Prof. Dr. Claudia Schubert betreut.