Internationales Forschungsprojekt zum deutschen und brasilianischen Steuerrecht
6. September 2021, von Internetredaktion
Das Interdisziplinäre Zentrum für internationales Finanz- und Steuerwesen der Universität Hamburg und das Instituto Brasileiro de Direito Tributario (IBDT), Sao Paulo, organisieren gemeinsam ein Forschungsprojekt, in dem ein Vergleich des deutschen mit dem brasilianischen Steuerrecht erarbeitet werden soll. Hintergrund des Projektes ist, dass Brasilien einerseits ein für die deutsche Industrie wichtiges Schwellenland ist, andererseits aber kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Investitionen in einem der beiden Staaten von Unternehmen aus dem jeweils anderen Staat sind daher besonders der Gefahr einer Doppelbesteuerung ausgesetzt. Andererseits ist dies eine Situation, die zwischen entwickelten Staaten unüblich ist, da Deutschland mit mehr als 90 Staaten, und damit mit allen wichtigen Industriestaaten, Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat. Die wissenschaftliche Diskussion konzentriert sich daher auf Fragen der Doppelbesteuerungsabkommen, während Probleme, wie sie im Verhältnis zwischen Deutschland und Brasilien auftreten, verhältnismäßig wenig bearbeitet worden sind. Das Forschungsprojekt soll diese Lücke schließen.
Für Brasilien kommt noch ein besonderer Aspekt hinzu. Brasilien befindet sich in einem Prozess, der zu einem Beitritt des Staates zur OECD führen soll. Dies erfordert eine umfassende Neuordnung des Steuersystems, um den Anforderungen der OECD zu genügen. Das deutsche Steuersystem wird dabei als Beispiel eines OECD-konformen Steuersystems angesehen. Das Forschungsprojekt soll insoweit Verbesserungsmöglichkeiten identifizieren.
Das Projekt, das sich auf die Unternehmensbesteuerung konzentriert, umfass 7 Arbeitsgruppen, in der rd. 80 deutsche und brasilianische Steuerfachleute aus Wissenschaft, Beratung und Gerichtsbarkeit zusammenarbeiten. Aus deutscher Seite sind auch ehemalige Studierende des Studienganges „Master of International Taxation“ involviert.
Die Arbeitsgruppen behandeln folgende Themenblöcke:
- Grundsatzfragen der Steuersysteme von Brasilien und Deutschland;
- Finanzverfassung und Verteilung der Steuereinnahmen;
- Unternehmensbesteuerung bei Fehlen eines Doppelbesteuerungsabkommens;
- Verrechnungspreise;
- Besteuerung von digitalen Dienstleistungen;
- Umweltsteuern;
- Rechtsschutz in Steuersachen.
Das Projekt wird von einem Steering Committee geleitet, dem für Brasilien Marco A.V. Teixeira, Sao Paulo, und für Deutschland Prof. Dr. Vera de Hesselle, City University of Applied Sciences, Bremen, und Prof. Dr. Gerrit Frotscher, IIFS, Universität Hamburg, angehören.
Die Arbeitsgruppen sollen ihre Berichte bis zum 30.6.2022 vorlegen. Es ist beabsichtigt, die Berichte, die in englischer Sprache abgefasst werden, jeweils in Brasilien und Deutschland zu veröffentlichen.