Neue Ergebnisse des MOTRA-Forschungsprojektes zum Thema Ukraine-Krieg: Einstellungen der Bevölkerung zu Waffenlieferungen in die Ukraine, der Verbreitung von Kriegsangst und deren Auswirkungen auf Einstellungen zu Demokratie und Rechtsstaat.
7. Mai 2024, von Internetredaktion
Das Institut für Kriminologie an der Fakultät für Rechtswissenschaft führt zusammen mit dem Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) im Rahmen des Forschungsverbundes MOTRA alle zwei bis drei Monate repräsentative Online-Befragungen auf Basis eines Online-Access-Panels bei nach Alter, Geschlecht, Bildung und Ost-West-Verteilung geschichteten, Stichproben der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands durch. In der Zeit vom 12. bis 22. März fand die achte Erhebungswelle dieser Studie „Menschen in Deutschland: International“ (MiDInt) statt, die von Dr. Katrin Brettfeld und Prof. Dr. Peter Wetzels von der UHH und Dr. Thomas Richter vom GIGA in Hamburg geleitet wird. Themen waren unter anderem der Ukraine-Krieg, Meinungen zu Waffenlieferungen von seiten Deutschlands in die Ukraine, die Verbreitung von Kriegsangst sowie Einstellungen zu Demokratie und Rechtsstaat. Insgesamt wurden N=3 856 Personen erreicht, von denen verwertbare Daten vorliegen. Zentrale Ergebnisse der Analysen dieser aktuellen Erhebung werden im UHH MOTRA-Spotlight No. 8 dargestellt.
Es zeigt sich recht deutlich, dass die militärische Unterstützung der Ukraine seitens der Befragten sehr unterschiedlich gesehen wird und die Menschen in Deutschland tendenziell polarisiert. Auf der einen Seite meinen mit 47% nur knapp weniger als die Hälfte, Deutschland sollte gar keine militärische Ausrüstung in die Ukraine liefern. Auf der anderen Seite befürwortet etwas mehr als die Hälfte bestimmte Waffenlieferungen als Form der militärischen Unterstützung. Dies betrifft vor allem Munition, Kampfpanzer und Flugabwehrraketen. Eine Lieferung weitreichender Taurus Marschflugkörper wird hingegen von einer klaren Mehrheit abgelehnt (62.8%). Noch stärkere Ablehnung erfährt eine Entsendung von Soldaten der Bundesweht in die Ukraine, und zwar sowohl, wenn es um Ausbildung ukrainischer Soldaten geht (70.6% Ablehnung) als auch mit Blick auf die Entsendung von Bodentruppen für Kampfeinsätze, wie es in jüngster Zeit u.a. vom Präsidenten Frankreichs als Denkoption in die Diskussionen in der EU eingebracht wurde. Hier ist die Ablehnung der Bevölkerung mit 81.3% extrem stark. Die Haltungen zu Waffenlieferungen unterscheiden sich weiter zwischen den Personen in Abhängigkeit von ihren parteipolitischen Präferenzen ganz erheblich. Auch hier zeigt sich ein deutliches polarisierendes Potenzial dieser Thematik.
Ein großer Teil der Bevölkerung (70.8%) ist nach diesen jüngsten Befunden zudem besorgt, dass die derzeitigen militärischen Aggressionen Russlands sich in der Zukunft auch direkt gegen Deutschland oder die NATO richten könnten. Kriegsangst ist vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges in Deutschland insofern mittlerweile stark verbreitet.
Befragte mit Kriegsangst stehen einer militärischen Unterstützung der Ukraine positiver gegenüber als Menschen ohne bzw. mit nur sehr geringer Kriegsangst. Weiter sind Menschen mit Kriegsangst eher bereit, in der aktuellen Lage zentrale Grundsätze von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zugunsten einer autoritären Führung aufzugeben und demokratische Freiheitsrechte zu beschränken.
Die Ergebnisse zeigen, dass nicht nur Waffenlieferungen für die Ukraine polarisieren. Darüber hinaus können mit dem Ukraine-Krieg verbundene Kriegsängste auch sehr folgenreich für unsere Demokratie und eine offene Gesellschaft in Deutschland sein. Insofern haben diese Entwicklungen auf internationale Ebene auch innenpolitisch eine hohe Relevanz.
Kleinschnittger, J., Brettfeld, K., Richter, T. & Wetzels, P. (2024). Einstellungen der Bevölkerung zu Militärhilfen für die Ukraine. UHH MOTRA Spotlight No. 8. Hamburg: Universität Hamburg. https://doi.org/10.25592/uhhfdm.14280